An die Frühaufsteher da draußen – Frühstück oder nüchtern trainieren?
Jeden Morgen stehen sie auf, noch bevor die meisten überhaupt den ersten Kaffee in der Hand haben: Die Frühtrainierer, die sich vor der Arbeit, vor der Uni oder einfach vor dem Alltag schon einmal an ihre Grenzen bringen. Und eine Frage taucht dabei immer wieder auf: Sollte man vorher frühstücken oder auf nüchternem Magen trainieren?
Wie so oft gibt es keine pauschale Antwort. Die richtige Wahl hängt von der Sportart, dem individuellen Ziel und der persönlichen Verträglichkeit ab. Und – was viele vergessen – vom Stress, den der Körper dadurch erfährt.
Nüchtern trainieren – bringt das wirklich Vorteile?
Das Konzept des „Fasted Training“ (Training auf nüchternem Magen) ist in der Sportwelt weit verbreitet. Studien zeigen, dass der Körper in einem nüchternen Zustand vermehrt Fette als Energiequelle nutzt, da die Glykogenspeicher am Morgen niedrig sind (Achten et al., 2004). Das klingt erstmal ideal für jeden, der Fett abbauen will.
Doch die Realität ist komplexer:
- Ja, der Körper nutzt mehr Fett während des Trainings – aber das bedeutet nicht automatisch mehr Fettverlust über den ganzen Tag hinweg.
- Ja, Ausdauerathleten können durch Fasted Training die metabolische Flexibilität verbessern, also die Fähigkeit, Fette effizienter zur Energiegewinnung zu nutzen (Van Proeyen et al., 2011).
- Aber: Ein Training auf nüchternem Magen führt auch zu einem erhöhten Cortisolausstoß – was für viele Sportler problematisch sein kann.
Cortisol: Wenn Fasted Training mehr Stress verursacht als Nutzen bringt
Cortisol ist ein Stresshormon, das morgens ohnehin auf einem natürlichen Höchststand ist, um den Körper aus der Nacht zu holen. Wenn du dann ohne Energiequelle in ein hartes Training startest, steigt der Cortisolspiegel noch weiter an.
Was bedeutet das?
- Chronisch erhöhte Cortisolwerte können Muskelabbau fördern, da das Hormon katabole (abbauende) Prozesse begünstigt (Bishop et al., 2022).
- Ein hoher Cortisolspiegel kann die Regeneration verschlechtern, weil er die Erholungsmechanismen des Körpers hemmt.
- Zu viel Stress am Morgen kann die Insulinsensitivität verschlechtern und langfristig den Fettabbau sogar behindern (Hackney et al., 2019).
Für Sportler, die ohnehin viel trainieren und deren Körper regelmäßig hohen Belastungen ausgesetzt ist, kann ein zusätzliches Fasted Training mehr Schaden als Nutzen bringen.
Wie sieht es im Krafttraining aus?
Beim Krafttraining steht weniger die Fettverbrennung, sondern mehr die Leistung und der Muskelaufbau im Vordergrund. Studien zeigen, dass eine zu geringe Kohlenhydratzufuhr vor dem Training die Kraftentwicklung und die Regeneration negativ beeinflussen kann (Tipton & Wolfe, 2001).
- Für maximale Kraft- und Muskelzuwächse ist es vorteilhaft, vorher etwas zu essen, um den Körper mit Energie zu versorgen.
- Wer dennoch nüchtern trainieren möchte, sollte zumindest EAAs oder einen Proteinshake zu sich nehmen, um den Cortisolausstoß zu minimieren.
- In einer Diät oder Wettkampfvorbereitung kann Fasted Training genutzt werden – allerdings sollte dann das Protein über den Tag verteilt hochgehalten werden, um Muskelabbau zu verhindern.
Wie sieht es im Ausdauersport aus?
Bei Ausdauerathleten kann Fasted Training eine Strategie sein, um den Fettstoffwechsel zu optimieren.
- Lockere Einheiten auf nüchternem Magen können die mitochondriale Effizienz steigern und den Körper besser an die Nutzung von Fett als Energiequelle gewöhnen (Van Proeyen et al., 2011).
- Aber: Zu intensives oder zu langes Fasted Training kann zu einer schlechten Regeneration und Leistungsabfall führen.
- Für Wettkampfathleten ist eine gezielte Nutzung sinnvoll, aber nicht als Standard für jede Einheit.
Die richtige Strategie für dein Training
1. Krafttraining & intensives Intervalltraining
- Training auf nüchternem Magen kann zu Leistungseinbußen führen.
- Eine kleine Mahlzeit oder ein Shake mit Protein und Kohlenhydraten 30–60 Minuten vor dem Training ist ideal.
- Ausnahme: In einer Fettverlustphase kann Fasted Training gelegentlich eingesetzt werden – dann aber mit Fokus auf eine ausreichende Proteinversorgung.
2. Ausdauertraining (lockere Einheiten & Fettstoffwechseltraining)
- Nüchterntraining kann helfen, den Fettstoffwechsel zu verbessern.
- Es sollte nur für niedrigintensive Einheiten genutzt werden.
- Nach dem Training sollte möglichst schnell ein ausgewogenes Frühstück eingenommen werden, um den Cortisolspiegel wieder zu senken.
3. Hochleistungssport und Wettkampfvorbereitung
- Hier ist die Energiebereitstellung entscheidend.
- Vor wichtigen Wettkämpfen oder intensiven Trainingseinheiten sollte immer vorher gegessen werden.
- Nüchterntraining ist eine Strategie, aber keine generelle Empfehlung für Leistungssport.
Zusammenfassung – was solltest du für dich mitnehmen?
Die Entscheidung, ob du nüchtern trainierst oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab: deiner Sportart, deinem Ziel, deiner Tagesform und deiner Anpassung an Fasted Training.
Wer mehr Leistung abrufen will, sollte vorher essen. Wer gezielt den Fettstoffwechsel optimieren möchte, kann gelegentlich nüchtern trainieren – aber nur bei niedrigintensiven Einheiten. Und wer sich auf einen Wettkampf vorbereitet, sollte sich immer daran erinnern: Energie rein – Leistung raus.
Wenn du deine Ernährung und dein Training optimal auf deine Ziele abstimmen willst, dann lass uns sprechen.
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